3. Juni 2025

Dass Friede werde

Von nst5

Etwas gegen die Ohnmacht angesichts von Leid und Krieg tun –

dieser Wunsch war Auslöser für das monatliche Friedensgebet „Punkt7“ in Augsburg.

Foto: privat

Brigitte Pischner
lebt in einer Fokolargemeinschaft in Augsburg. Leid und Not von Menschen gehen der pensionierten Sozialpädagogin unter die Haut. Für eine bessere und gerechte Welt zu leben, war ihr aber nicht nur im Beruf ein Anliegen. Ihr Engagement dafür lebt sie aus einer tiefen Beziehung mit Gott. Auch deshalb war sie von Anfang an bei „Punkt7“ dabei, einer monatlichen Friedens- und Gebetsinitiative in Augsburg.


Mai 2014: Im Norden Nigerias hatte die Terrormiliz Boko Haram 200 junge Mädchen verschleppt. Durch einen uns bekannten nigerianischen Priester, der unsere Fokolargemeinschaft besuchte, hörten wir von den schrecklichen Hintergründen. Wir waren fassungslos, ohnmächtig. Wie so oft – angesichts des unendlichen Leids, das durch Katastrophen, Kriege, Terror, Gewalt, Ungerechtigkeit verursacht wird.
Am nächsten Morgen der Impuls: Wir wollen etwas tun gegen die Ohnmacht. Die Idee: Wir möchten politischem Denken und Handeln Raum geben und ganz neu an die Macht des Gebetes glauben. Die evangelische Stadtdekanin und der katholische Stadtdekan unterstützten uns. Von ihnen kam das Angebot, ein Gebet wechselweise in den beiden Haupt-Kirchen abzuhalten; sie sprachen Gemeindeglieder an, die Idee mit uns zu entwickeln.
Seit zehn Jahren laden die katholische Pfarrgemeinde St. Moritz, die evangelische Kirchengemeinde St. Anna und die Fokolar-Bewegung nun gemeinsam die Menschen unserer Stadt zu einem monatlichen Friedensgebet ein. Wir greifen dabei aktuelle Nöte auf und informieren über Hintergründe. Die Vorbereitungsgruppe ist ökumenisch; das Gebet ist offen und andere Netzwerke sind eingeladen mitzugestalten. Es findet am 7. jeden Monats um 19.00 Uhr statt (daher der Name: Punkt7) und dauert 30 Minuten. Ein Thema oder ein Land – wie Syrien, die weltweite Flüchtlingssituation, Venezuela, Libanon, Kongo, Sudan, Somalia, Amazonasgebiet, Haiti, Afghanistan, Klimakrise, Sorge um die Demokratie in Europa, Frauenhandel, Ukraine, Russland, Israel/Palästina, Iran … – mit seiner Situation stehen jeweils im Mittelpunkt. Neben einem kurzen Informationsteil gibt es Zeit für Reflexion, Stille, Solidarität mit den Betroffenen, gemeinsames freies Gebet.
Inzwischen blicken wir auf über 100 Gebetsabende zurück. Für den Informationsteil suchen wir in der Regel nach „Referenten“. Dazu laden wir Mitbürger mit Migrationshintergrund ein, Personen, die ehrenamtlich oder durch ihren Beruf Bezüge zu Brennpunkten haben oder von hoffnungsspendenden Friedens-Projekten berichten können. So knüpfen wir Kontakte zu vielen „Netzwerken“ und Gruppen wie Pax Christi, Diakonisches Werk, amnesty international, der afrikanischen Gemeinde, der jüdischen Gemeinde, UNICEF, Solwodi, Journalisten.
Dankbar erlebe ich in mir eine Horizonterweiterung auf die „Wunden“ der Welt. Gerade durch die oftmals sehr persönlichen informativen Kurzberichte erreichen die Nöte mein Herz. Ich habe die Chance, mit betroffenen Geschwistern ein Stück Solidarität zu leben und das Gebet für sie reicht anschließend weit über diesen Moment hinaus. Gleichzeitig stärken die Berichte von Hoffnungsvollem; gerade, wenn die Nachrichten voller negativer Meldungen sind, zeigen sie, wie viele sich doch auch für Positives einsetzen.
Für mich ist Punkt7 – neben vielen anderen Initiativen – zu einem kleinen Ort gelebter „Solidarität“ in unserer Stadt geworden. Ein Moment, der mich erinnert, dass Friede in mir beginnt, und der mir hilft, nicht aufzuhören den Himmel zu bestürmen, dass Friede werde.


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Der Artikel oben ist erschienen in der NEUEN STADT, Mai/Juni 2025.
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