16. Oktober 2013

Achtung! – Mensch gegenüber!

Von nst1

Satirisch gegen Smartphone-Manie

Vielleicht kennen Sie das Wort „Phubbing“ nicht, aber sicher haben Sie eine der folgenden Situationen so oder ähnlich schon erlebt: Sie sitzen mit Bekannten zusammen, aber die checken lieber die letzten Updates ihrer virtuellen Freunde, als mit realen Menschen zu reden. Auf Partys zückt jemand mitten im Gespräch abrupt das Handy, liest neue SMS, twittert oder fragt seine E-Mails ab.
Gegen ein solches Verhalten hat der australische Student Alex Haigh nun die Initiative „Stop-Phubbing“ gegründet. Das Wort ist eine Kombination der englischen Begriffe „phone“ (Telefon) und „snubbing“ (vor den Kopf stoßen). Der „Phubber“, so Haigh, brüskiere seine Mitmenschen, indem er ihnen signalisiere, dass ihm das persönliche Gespräch weit weniger bedeute als das, was er auf dem Display seines Smartphones lese. Die Idee zu seiner Anti-Phubbing-Kampagne habe er vor gut einem Jahr bei einem Gespräch mit Kommilitonen gehabt, erklärte Haigh gegenüber australischen Medien. Er habe gemerkt, dass er nicht der einzige sei, der sich von notorischen Smartphone-Nutzern vor den Kopf gestoßen fühle.
Die Webseite zur Kampagne war schnell aufgesetzt und bald mit Inhalten gefüllt. Unterstützung holte sich der 23-jährige Student aus Melbourne bei einer australischen Werbeagentur. Auf den moralischen Zeigefinger will Haigh bei seinem Anti-Phubbing-Kampf verzichten. Stattdessen nimmt er die Smartphone-Manie vieler Zeitgenossen mit satirischen Mitteln aufs Korn. Restaurantbesitzern etwa, die sich von Gästen genervt fühlen, die nur auf ihre Smartphones starren und nichts bestellen, bietet er Anti-Phubbing-Plakate zum kostenlosen Download an: „Solange Sie noch Ihren Status updaten, bedienen wir gerne die höfliche Person, die hinter Ihnen sitzt.“
Bei „Phubbern“ im eigenen Bekanntenkreis empfiehlt der Australier ein E-Mail mit vorformuliertem Text. Sie weist den Smartphone-Junkie auf sein Fehlverhalten hin und kann direkt über die Kampagnenwebseite verschickt werden. Wenn das erfolglos bleibt, kann man ein Foto des unverbesserlichen „Phubbers“ in die „Phubbing Hall of Shame“, eine Art Internet-Pranger hochladen.
Haighs satirische Anti-Phubbing-Webseite trifft zwar den Nerv vieler Menschen. Trotzdem war die Kampagne zunächst alles andere als ein Selbstläufer. Erst nach zahlreichen Medienberichten explodierte die Zahl der Zugriffe die Webseite. Offenbar stößt die englischsprachige Kampagne auch hierzulande auf Resonanz. Jeder fünfte Surfer, der „Stop Phubbing“ ansteuert, komme aus Deutschland. Da immer mehr Menschen ein Smartphone besitzen, wundert das nicht. Viele benutzen es überall und legen es den ganzen Tag über kaum noch aus der Hand. „Phubbing“ hat deshalb mit Sicherheit auch hierzulande Konjunktur, und Achtsamkeit beim Gebrauch des Smartphones schadet weder den Beziehungen im Netz noch den realen.
Gabi Ballweg

Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Oktober 2013)
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