2. April 2024

WORT DES LEBENS . PLUS

Von nst5

Ohne bissige Gedanken

Das „Wort des Lebens“ für März, „Erschaffe, Gott, in mir ein reines Herz und einen festen Geist erneuere in meinem Innern!“ (Psalm 51,12), ist mir seit über sechzig Jahren vertraut. Damals lernten wir diesen Vers im Konfirmandenunterricht in der Übersetzung von Martin Luther auswendig: „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen gewissen Geist.“ Und so gehört er bis heute zu meinem Abendgebet.
Warum bitte ich um ein reines Herz? Ein reines Herz – was ist das überhaupt? Für mich heißt das: ein Herz ohne Arg, ohne Falsch oder bissige, neidische Gedanken … ein Herz, das bedingungslos lieben kann, ohne Erwartungen. Doch auch, wenn ich mir hundertmal abends nach der Gewissenserforschung vornehme: „Morgen werde ich es besser machen“, ertappe ich mich, dass mein Herz wieder voller Missgunst oder Ungeduld ist. Voller Vertrauen bete ich dann: „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz. Du kannst es rein machen. Du mit Deiner Schöpferkraft.“
Gott will unser Heil. Das glaube ich. Er ist barmherzig. Deshalb hat er mir um Christi willen meine Sünden schon vergeben – und doch kämpfe ich immer wieder mit „der alten Eva“, die in überwunden geglaubte Verhaltensweisen zurückfällt. Den Mut, neu zu beginnen, wenn ich gestrauchelt bin, kann ich nur aufbringen, weil ich auf die Barmherzigkeit Gottes baue. Darin „beweist“ er für mich seine Souveränität, dass er mir die Freiheit gibt, immer und immer wieder neu anzufangen. Aus mir heraus finde ich die Kraft nicht. Also: „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen gewissen Geist.“ Wenn der Geist Gottes mich leitet, dann kann ich mein Verhalten (vielleicht) ändern. Paulus scheint eine ähnliche Erfahrung gemacht zu haben, wenn er in seinem Brief an die Römer (2,4) schreibt: „Weißt du nicht, dass Gottes Güte dich zur Umkehr treibt?“
Aus dieser entlastenden Erfahrung heraus gelang es mir auch bei meiner Arbeit in der Psychiatrie, die Hoffnung nicht aufzugeben, den Patienten stets noch eine Chance einzuräumen, ihnen zuzutrauen, dass sie sich ändern können; manchmal auch gegen den Widerstand derer, mit denen ich zusammengearbeitet habe.
Es scheint mir wie ein stets wiederkehrender Dreischritt: Reue – Akt des Gottvertrauens – Umkehr.
Und ein Letztes: Es liegt eine starke Verheißung auf denen, die ein reines Herz haben: Sie werden selig, glücklich genannt, denn sie werden Gott schauen (Matthäus 5,8).
Annette Gerlach


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Der Artikel oben ist erschienen in der NEUEN STADT, März/April 2024.
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