Herausfordernde Aufgabe
Johannes Dörle
Johannes Dörle lebt mit seiner Familie in Stuttgart. Er arbeitet als Stadtplaner und betreut große kommunale Stadtentwicklungsprojekte.
Städte sind für eine immer größer werdende Zahl an Menschen der bevorzugte Lebensort. Das städtische Lebensgefühl, kurze Wege und ein hohes Maß an Versorgungssicherheit und Freizeitangeboten machen für viele Menschen das Leben in einer Stadt attraktiv. Das führt insbesondere in den Metropolen, aber auch in kleineren Städten zu einem erheblichen Entwicklungsdruck.
Der Klimawandel und nötige Klimaanpassungsmaßnahmen sind zusätzliche Herausforderungen. Dazu gehört, auch zukünftig sicherzustellen, dass es genügend Trinkwasser gibt – eine der grundlegenden Aufgaben der städtischen Daseinsvorsorge. In aller Regel stammt dieses Wasser zu großen Teilen aus dem Umland. Ein grüner und unversiegelter Landschaftsraum ermöglicht das Wiederauffüllen der natürlichen Wasserspeicher. Großzügige Begrünung erzeugt kühle Luft und wirkt so einer Erhitzung der Städte entgegen. Nachhaltige Strategien der Stadtentwicklung konzentrieren sich daher auf eine möglichst konsequente Innenentwicklung. Gemeint ist damit eine effiziente Nutzung bereits bebauter städtischer Flächen, damit nicht weiterer Boden versiegelt wird.
Tatsächlich sind die immer dichter besiedelten Ballungsräume besonders stark vom Anstieg der Temperaturen betroffen. Zunehmende Bebauungsdichte und ein höherer Versiegelungsgrad gehen einher mit dem Verlust von Grünanteilen und Belüftungskorridoren. Außerdem hat sich die Form der Niederschläge verändert: Regen fällt stärker lokal begrenzt, dafür aber in größeren Mengen. So kann Starkregen die Entwässerungsinfrastrukturen überlasten, was immer häufiger zu Überschwemmungen führt. Versiegelte und trockene Böden können diese Regenmassen nicht speichern. Das Wasser fließt ab und ist für die lokale Bewässerung verloren. Auf der anderen Seite machen langanhaltende Trockenperioden eine künstliche Bewässerung von städtischen Bäumen und Grünflächen nötig.
Klimaanpassungsstrategien suchen nach geeigneten Maßnahmen, um auf diese Herausforderungen antworten zu können. Mit Blick auf die kostbare Ressource Wasser ist der Ausbau „blau-grüner Infrastrukturen“ in Städten das Fundament für eine zukunftsfähige Entwicklung. Sie dienen als Wasserspeicher und ermöglichen Verdunstung. Was ist damit gemeint? Es geht vor allem darum, den Stadtraum möglichst zu entsiegeln und zielstrebig zu durchgrünen.
Wenn alle Stadtbereiche durchgrünt werden, kann auch bei steigenden Temperaturen mittels natürlicher Verschattung und Kühlung ein lebenswertes Stadtklima erhalten bleiben. Die großflächige Entsiegelung von Flächen und die Nutzung versickerungsfähiger Beläge und speicherungsfähiger Systeme hält Niederschlagswasser vor Ort und gibt es zeitverzögert an den Boden ab. Wasser geht nicht mehr verloren. Städtisches Grün kann natürlich bewässert werden. Man spricht hier vom Schwammstadtprinzip. Das begrenzte Flächenangebot erfordert es jedoch, die Nutzung des öffentlichen Raums neu zu verhandeln: Da gilt es zu entscheiden: Plätze und Parks oder Straßen? Bäume oder Parkplätze? Grundsätzlich ist ein tragfähiger Ausgleich zu finden, eine herausfordernde gesellschaftliche Aufgabe! Wir werden liebgewonnene Lebensgewohnheiten überdenken müssen – aus Sorge um unser „gemeinsames Haus“
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Der Artikel oben ist erschienen in der NEUEN STADT, September/Oktober 2024.
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