8. Oktober 2024

Schockierende Ungerechtigkeit

Von nst5

Liliane Mugombozi

Foto: privat

Liliane Mugombozi stammt aus der Demokratischen Republik Kongo und lebt in Yaoundé, der Hauptstadt von Kamerun. Sie hat Kommunikationswissenschaften studiert und arbeitet als Journalistin, unter anderem für die Schwesterzeitschriften der NEUEN STADT.


Zweifellos ist der Klimawandel die Hauptursache für die Wasserknappheit in Afrika. Die anhaltenden Dürren in der Sahelzone, am Horn und im südlichen Afrika sind Beispiele dafür. In Turkana und Marsabit in Kenia sind nahezu 95 Prozent der Wasserquellen versiegt, worauf sich ein illegaler Wasserhandel gebildet hat.
Andererseits bedrohen extreme Regenfälle die Wasserversorgung, weil sie die Infrastruktur beschädigen und die Wasserverschmutzung verschlimmern. So erhöht der Mangel an dichten Wasserleitungen und Kanalisationen in Äthiopien und anderen Ländern die Anfälligkeit für Überschwemmungen. Oft sind auch die Häuser nicht vor Wassereinbruch geschützt.
Wassermangel führt zu Massenabwanderungen und verstärkt Konflikte. Wenn sich Gemeinschaften knappe Ressourcen teilen müssen, kommt es leicht zu Streit um Eigentums- und Nutzungsrechte, die in Gewalt ausarten können. So in der Region Darfur im Sudan, wo Landwirte und nomadische Viehhirten friedlich zusammengelebt hatten. Als aber die Dürren zunahmen, bauten die Landwirte Zäune zum Schutz ihrer Felder vor dem Vieh. Das führte zu Streit, den der Nahrungsmittel- und Wassermangel noch verschärfte.
Afrika leidet am meisten unter dem Klimawandel, und dass obwohl der gesamte Kontinent nur drei Prozent der weltweiten Treibhausgase seit Beginn des Industriezeitalters ausgestoßen hat.„Unsere Länder sind gezwungen, jährlich zwei bis fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für ein Problem auszugeben, das sie nicht verursacht haben. Dies ist eine schockierende Ungerechtigkeit“, sagte Moussa Faki Mahamat, Kommissionsvorsitzender der Afrikanischen Union, bei einem Gipfeltreffen 2022 in Rotterdam. Von einigen der größten Volkswirtschaften der Welt sind viele Afrikaner enttäuscht: Zwar haben sie viel Geld für den Kampf gegen Ursachen und Folgen des Klimawandels versprochen. Es fließt aber zu schleppend, um die wachsenden Herausforderungen zu bewältigen.
Christina Mfanga, Anwältin für soziale Gerechtigkeit in Tansania, führt die Lage auf die Kolonialzeit zurück, „in der man den Besitz von Wasser, Land und natürlichen Ressourcen beanspruchte“. Dieses Erbe bestehe fort, „da Konzerne Wasserressourcen privatisieren, sie ungleich verteilen und künstlich verknappen“. Zwar wollten einige Regionen die Wasserversorgung zu einer öffentlichen Dienstleistung machen. Das würde aber von Politikern vereitelt, die eine Privatisierung und Kommerzialisierung des Wassers fördern.
Die Afrikanische Union versucht, dem Wassermangel entgegenzutreten. Die Staats- und Regierungschefs haben 2023 ein Programm verabschiedet, um Investitionen in die Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel zu fördern. Ein datengesteuerter Ansatz soll dabei die Entwicklung sichtbar machen und so den Druck auf die Entscheidungsträger aufrechthalten. Der Erfolg der Initiative wird jedoch von ihrer Finanzier- und Überprüfbarkeit abhängen.
Dabei könnte Afrika gar eine Vorreiterrolle beim Übergang zu erneuerbaren Energien spielen – und damit im Kampf gegen Klimawandel und Wasserknappheit. Dafür sprechen seine riesigen Bodenschätze an Lithium, Kobalt und Nickel, die für die entsprechenden Technologien unerlässlich sind, aber oft unrechtmäßig ausgebeutet werden.


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Der Artikel oben ist erschienen in der NEUEN STADT, September/Oktober 2024.
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