Kleine Leuchten
Was kann ich schon bewegen?
Bin sowieso nur ein kleines Rad im Getriebe! Ist doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein! – Gedanken, die mich nur zu leicht davon abhalten, inneren Impulsen nachzugehen: Wenn ich merke, da ist Not am Mann, da könnte jemand meine Hilfe gebrauchen, da hab ich eine neue Idee; sollte ich mich nicht für gerade dies und das Anliegen stark machen?
Was kann ich kleine Leuchte schon groß ausrichten? Hätte sich die Schweizer Krankenschwester Helena Fässler von derartigen Zweifeln bremsen lassen, hätte sie viele bereichernde Begegnungen in ihrem Leben verpasst.
Gerade große Veränderungen beginnen häufig ganz klein. Am Anfang steht nur der Wunsch, etwas zu verändern, Not zu lindern, Ungerechtigkeiten zu stoppen, dann eine erste zaghafte Geste.
So war auch 1961 bei Peter Benenson noch nicht abzusehen, welche weltweiten Auswirkungen sein Einsatz für Gerechtigkeit haben würde. Der britische Anwalt hatte aus den Medien erfahren, dass zwei portugiesische Studenten zu sieben Jahren Haft verurteilt worden waren, weil sie sich in einem Lissaboner Cafe kritisch über ihre diktatorische Regierung geäußert hatten. Benenson ist empört. Am 28. Mai fordert er in einem Zeitungsartikel die Leser auf, mit Briefen Druck auf die Regierungen auszuüben und die Freilassung politischer Gefangener zu verlangen.
Zeitungen in mehreren Ländern übernehmen seinen Aufruf, Tausende Menschen melden sich innerhalb weniger Wochen: Schon im Juli 1961 wird beschlossen, die zunächst für ein Jahr geplante Kampagne in eine bleibende Organisation umzuwandeln. Aus Benensons „Appeal for Amnesty” wird Amnesty International, heute – 50
Jahre danach – eine der bekanntesten Menschenrechtsorganisationen.
Ihr Erfolg lebt von Millionen Menschen, die bewusst auf kleine Gesten setzen: Sie verschicken Briefe, Faxe, E-Mails. Mit vielen Appellschreiben erreichen sie gemeinsam ihr Ziel, Menschen aus ungerechter Haft, Folter, Todeszelle zu befreien. Nicht immer, aber doch bei rund einem Drittel der Fälle!
Peter Benenson und die Unterstützer der Amnesty-Kampagnen beweisen, dass wir mit wenig Einsatz sehr wohl etwas erreichen können. Erst recht, wenn wir uns mit Gleichgesinnten zusammenschließen. Wenn Sie diese NEUE STADT durchblättern, werden Sie weitere Beispiele finden: In der Ökumene, in der Politik … Es mögen kleine Schritte sein, aber sie wollen Ihnen Mut machen für Ihre kleinen Schritte im Alltag. Und wer kann schon wissen, was alles daraus entsteht?
Ihr
Clemens Behr
„Beim nächsten Hakenkreuz denkt er:
Ob ich es wegwisch?
Oder stell ich mich scheintot?
Danke, Gott, es gibt auf Erden
Menschen, die zum Anstoß werden,
die mich zwingend fragen: Bleib ich lau?
Oder werd ich endlich brennen,
mich mit Haut und Haar bekennen,
so wie diese couragierte Frau.“
Der ostdeutsche Liedermacher Gerhard Schöne über die Menschenrechtsaktivistin Irmela Mensah-Schramm in seinem Lied „Die Couragierte Frau“
(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Mai 2011)
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