30. Januar 2017

Hoffnung auf Neues

Von nst5

Neues ist nie endgültig neu. Auch an ein neues Jahr gewöhnen wir uns; nach zwölf Monaten ist es alt. Aber wir brauchen das Neue.  Veränderung birgt die Chance, vorwärtszugehen, zu wachsen, zu reifen. Und wir brauchen das Alte. Es verleiht uns Wurzeln und Beständigkeit.

Im neuen Jahr wird die NEUE STADT neu: Mit der nächsten Nummer bekommt sie ein neues Gewand, einen neuen Aufbau, neue Rubriken; sie erscheint nur noch alle zwei Monate. Aber ihr Ziel, ihr Antrieb, ihr Geist bleiben! Was uns dazu bewegt, das Magazin neu aufzustellen und weiterzuentwickeln.
„Nichts, was neu ist, ist vollkommen“, meinte Cicero, Politiker, Philosoph und Redner der römischen Antike. Mit etwas Neuem aber verbindet sich die Hoffnung auf Verbesserung. Damit etwas besser werden kann, muss jemand den Bedarf dazu erkennen, die Not bemerken. In einem Vorort von Essen ist ein Bauernhof für wohnungslose Männer zu ihrem neuen Zuhause geworden. Ein fester Tagesablauf und die landwirtschafliche Arbeit verbessern ihre Lage. Soziale Einrichtungen und die Stadt selbst haben den Missstand wahrgenommen und reagiert.
Oft braucht es Mut, damit sich etwas verbessert: Den Mut derer, die ein Übel benennen, den Finger in die Wunde legen. Nadia Murad und Lamija Adschi Baschar, zwei Jesidinnen, haben im Dezember den Menschenrechtspreis der EU bekommen. Sie haben im Irak die systematischen Gräueltaten des IS überlebt. Jetzt erheben sie die Stimme, machen die am eigenen Leib erlebte Brutalität öffentlich, um Politiker zu bewegen, die Unmenschlichkeit zu stoppen. Die beiden mutigen jungen Frauen wollen, dass die Bevölkerung in den vom IS beherrschten Gebieten von der grausamen Unterdrückung befreit wird.
Auch in Äthiopien wünschen sich viele Menschen mehr Freiheit und weniger Unterdrückung. Zwei Freunde, die seit einigen Monaten in dem ostafrikanischen Land leben, berichten über ihre Beobachtungen, Erlebnisse und Begegnungen. Sie beschreiben die Schönheiten des Landes, aber auch Missstände und Ungerechtigkeiten, die nach Änderungen schreien.
Einerseits denke ich: „Das neue Jahr ist doch nur eine Frage des Kalenders, eine künstliche Übereinkunft. Beim Jahreswechsel geht ein Tag wie immer in den anderen über; wesentlich ändert sich nichts!“ Aber ich kann auch gut nachempfinden, was der Schriftsteller Hermann Hesse im Gedicht „Stufen“ so beschreibt: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“ Und wie der Mathmatiker, Physiker und Aphorismenschreiber Georg Christoph Lichtenberg meine ich, dass es oft einen Anstoß braucht, um eine andere Perspektive einnehmen zu können und zu neuen Erkenntnissen zu kommen: „Man muss etwas Neues machen, um etwas Neues zu sehen.“
Nutzen wir zu Jahresbeginn den Zauber des Anfangs, die Hoffnung auf Neues, die Impulse von innen und außen. Lassen wir uns ein „neues Herz und einen neuen Geist“ schenken und gestalten wir Neues mit. – Ein frohes, segensreiches neues Jahr!

Ihr

Clemens Behr

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Januar/Februar 2017)
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