30. Januar 2013

Wer schmiedet?

Von nst1

Können Menschen Glück empfinden, die auf der Flucht sind,

die in Kriegsgebieten leben, denen eine Naturkatastrophe ihre Lebensgrundlage genommen hat oder die unter Armut leiden? Können zum Beispiel die Menschen im Ost-Kongo glücklich sein? Für mich ist das zunächst schwer vorstellbar, wenn ich die verzwickte Spirale von unglaublicher Gewalt, Armut und Machtspielen sehe, auf die der offene Brief an den Erzbischof von Bukavu aufmerksam macht. Andererseits sind auch viele Menschen bei uns in Mitteleuropa nicht gerade glücklich, obwohl sie hier vergleichsweise sichere und sorgenfreie Lebensbedingungen vorfinden.

Die Sehnsucht nach Glück steckt irgendwie in uns drin. Aber was ersehnen wir da eigentlich? Glücksforscher Wilhelm Schmid hinterfragt das heute weit verbreitete, von Wellness und Erfolg bestimmte, Glücksverständnis. Er entlarvt ein ungestörtes, dauerhaftes Glück als illusorisch und warnt davor, diese Vorstellung zum Maßstab des Lebens zu erheben. Aber was ist Glück dann? Unser Gespräch kann Sie dazu anregen, einer persönlichen Antwort näher zu kommen.
Haben wir unser Glück selbst in der Hand, wie es das geflügelte Wort „Jeder ist seines Glückes Schmied“ nahelegt? – Bestimmte Regionen der Erde bekommen den Klimawandel schon jetzt zu spüren: Unsere philippinischen Kollegen berichten zum Beispiel von immer heftiger werdenden Taifunen. Sie erzählen aber auch von Initiativen mit dem Ziel, die Erderwärmung abzuschwächen und damit die Folgeschäden möglichst gering zu halten. Ob sie etwas erreichen können, ist allerdings offen, weil die Staatengemeinschaft bisher nicht an einem Strang zieht.
Im Norden Nigerias schlägt eine Initiative gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: Mit dem Einsatz von Plastikflaschen als Baumaterial tut sie etwas für den Umweltschutz, gibt einfachen Leuten Arbeit und außerdem ein Dach über den Kopf. In Niederösterreich gibt eine Lehrerin den Schülerinnen und Schülern wesentlich mehr fürs Leben mit als nur den Lernstoff. Und in der Beschützenden Werkstätte Heilbronn setzen Betreuer wie Herbert Krause alles daran, ihre Mitarbeiter, Menschen mit geistigen Behinderungen, so zu behandeln, wie sie selbst behandelt werden möchten: drei Beispiele dafür, dass wir die Lebensbedingungen mitgestalten, also am Glück anderer mitschmieden können.

Die Lehrerin hat dank ihres Engagements „Sternstunden“ erlebt; Herbert Krause erzählt, was er seinerseits von seinen Mitarbeitern lernt: Wer beim Streben nach einem ausgefüllten Leben nicht nur sich, sondern auch andere Menschen im Blick hat, profitiert häufig selbst. Er lässt zu, dass andere an seinem Glück mitschmieden. Und erfährt dabei, dass sein Leben sinnvoll ist.
Glücksforscher Wilhelm Schmid sieht ein großes Manko unserer Gesellschaft gerade darin, dass sie immer weniger Sinn kennt. Damit steht die Frage, was Glück ist, unter ganz neuen Vorzeichen!

Ein glückliches und Sinn-volles Jahr 2013 wünscht Ihnen

Ihr

Clemens Behr

(Erschienen in der gedruckten Neuen Stadt, Januar/Februar 2013)
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